Philharmoniker begeistern mit der Fünften

Lübeck: Archiv - 27.03.2022, 17.33 Uhr: Im 6. Sinfoniekonzert der Lübecker Philharmoniker setzt GMD Stefan Vladar seinen Beethoven-Zyklus fort: Die 8. und die 5. Sinfonie rahmen Mozarts Klavierkonzert Nr. 17 mit Vladar zugleich als Solisten ein. Im nahezu ausverkauften Sonntagskonzert erlebt das Publikum – endlich geht es wieder zu einem großen Programm in die MuK! – zwei ganz unterschiedliche Hälften.

Bei Ludwig van Beethovens „Achter“ bedient sich Vladar einer neueren Lesart, die diesem Werk den (wenn auch grimmigen) Humor abspricht und es mehr in Richtung Chaos verortet. Nun, die Altvorderen müssen nicht so ganz falsch gelegen haben mit dem Bevorzugen des Melodischen, denn was der GMD hier von Beginn an an Schroffheit bietet und Tempo anschlägt, befremdet und lässt das Geschehen kaum nachvollziehen: Es ist übersteuert und aus den Fugen geraten wie derzeit die Welt. Der zweite und dritte Satz stehen geradezu unter Metronom-Zwang, das Prestissimo des Finales kommt ebenfalls in Rekord-Tempo. Die Philharmoniker, offenbar Corona-bedingt mit vielen Aushilfen in den Streichern, halten sich dabei respektabel.

Ungeduld prägt anfangs auch Mozarts Klavierkonzert G-Dur KV 453. Das Allegro wird eher zum Vivace, das Tutti überdeckt den Solisten oft, Vladar – er leitet das Geschehen vom Flügel aus – nimmt die Kadenz höchst rasch. Die Balance stimmt nicht immer, so sehr sich auch Anette Behr-König a. G. als Vertreterin von Konzertmeister Carlos Johnson in die Bresche wirft. Doch im Andante sind alle wie verwandelt: Wie eine Wohltat breitet es sich ruhig aus, Solist und famose Solobläser – Johanes Brüggemann (Oboe), Thomas Bierman (Flöte), Jakob Meyers (Fagott) – haben sich viel zu erzählen. Und im letzten Satz kommen die Perlen am Schnürchen, Vladar lässt die Läufe perlen und das Finale als Überraschungs-Coup sausen. Nun weiss jeder im Saal, was Lübeck an diesem Musiker hat.

Das zeigte sich dann auch nach der Pause bei Beethovens 5. Sinfonie c-Moll op. 67, der „Schicksalssymphonie“. Die vier berühmten Schläge zum Auftakt sitzen ohne Pomp, die Hörner (Johannes Bork, Johannes Wache) rufen superrein, kein Takt kommt abgedroschen. Die Streicher kehren im Andante das Gesangliche hervor und bieten ein hauchzartes Pianissimo, die Fanfaren der Blechbläser haben nichts Martialisches. Im 3. Satz achtet Vladar auf die Hell-Dunkel-Dynamik mit fast kammermusikalischer Durchsichtigkeit – und das Finale strahlt so positiv, wie alle auf dem Podium gestimmt sind. In der frischen Wiedergabe dieser „Fünften“ beweisen die Philharmoniker ihre Qualität und Vladar, dass Kunst zuallererst durch das Verständnis ihrer Interpeten vermittelt wird. (Wiederholung am Montag, 28. März, 19.30 Uhr in der MuK)

Die Philharmoniker setzten beim 6. Sinfoniekonzert den Beethoven-Zyklus. Foto: Olaf Malzahn

Die Philharmoniker setzten beim 6. Sinfoniekonzert den Beethoven-Zyklus. Foto: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 150785   Autor: Güz.   vom 27.03.2022 um 17.33 Uhr

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