Große Lied-Kunst: „Die Winterreise“ im TL

Lübeck: Archiv - 10.10.2022, 10.24 Uhr: Gar nicht so fremd ist er ins Theater eingezogen, wie er mit Wilhelm Müllers Versen in „Die Winterreise“ beginnt: Der große Bariton Bo Skovhus hat hier bereits mit den Proben zur Strauss-Oper „Salome“ (Premiere: 18. November) begonnen, darin er den Jochanaan singt. Mit Schuberts berühmten Liederzyklus stand er aber erstmals vor Publikum auf dieser Bühne – und bot, mit GMD Stefan Vladar am Flügel, am Sonntagnachmittag eine beeindruckende Interpretation.

Beider Lied-Zusammenarbeit geht schon viele Jahre, und der Hörer spürt das in jeder Phrase. Das begann gleich bei „Gute Nacht“, in der Vladar ein hurtiges Wandertempo aufnimmt. Mit seiner lyrisch-dramatischen Stimme, kernig in der Mittellage, beeindruckte Skovhus besonders in den „aktionsreichen“ der 24 Lieder. In „Der Lindenbaum“ schlug er den Bogen vom Volkstümlich-Weichen zum Dramatischen, in „Irrlicht“ strömte alle Wehmut des „unsre Freuden, unsre Leiden“ und der Verzweiflung in „Einsamkeit“ zu den vielen Zuhörern ins Große Haus.

Eine gute Stunde höchster Konzentration für den Sänger wie für den Pianisten, eine gute Stunde höchster Sensibilisierung für das Publikum. Mit sicherer Technik und Kultiviertheit meisterte Bo Skovhus zumal die Höhen-Klippen für seine nicht mehr junge Stimme. Seine jahrzehntelange Bühnenerfahrung ließ ihn zumal die dramatischen Aspekte gestalten, etwa in „Der stürmische Morgen“ oder in „Mut!“. Eine Weise um die andere ging unter die Haut, ganz besonders die finale „Der Leiermann“ voll ergründlicher Abschiedsstimmung.

Mit seiner Anschlagskultur, mit seinem höchst sensiblen Erfassen jeder Note und ihres Stellenwerts in diesem Kosmos der Gefühle war Stefan Vladar der kongeniale Partner – denn was sind die Flügel des Gesanges ohne den Meister am Flügel. Dieser großen Lied-Kunst und Reise durch die Empfindungen applaudierten die Zuhörer herzlich, laut und lange.

Für die Winterreise im Theater Lübeck gab es langen und herzlichen Beifall.

Für die Winterreise im Theater Lübeck gab es langen und herzlichen Beifall.


Text-Nummer: 154342   Autor: Güz.   vom 10.10.2022 um 10.24 Uhr

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