Theater Lübeck: Witzig schwirrt „Die Fledermaus“

Lübeck: Archiv - 15.10.2022, 15.13 Uhr: Eine der schönsten Operetten, wenn nicht gar die schönste, ist „Die Fledermaus“ aus Wien von Johann Strauß: Auch nach anderthalb Jahrhunderten entfalten ihre tänzerischen Melodien Esprit und Charme – und die Handlung von genasführten Männern und listigen Frauen hat viel Witz mit Nadelstichen. Kein Wunder also, dass auch GMD Stefan Vladar, ein Wiener, und Regisseur Michael Wallner, ein Grazer, sie lieben und nun dem Lübecker Publikum wieder einmal präsentieren.

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Wallner hat sich viele Gedanken über die Sehnsüchte der Menschen gemacht, die er in diesem Werk findet. Um sie uns zu verdeutlichen, transponiert er die Handlung ins beginnende 20. Jahrhundert und rückt den Witz von Wien mehr an die damals neue Berliner Operette heran. Hierzu gestaltet Heinz Hauser (nach farblichen Metamorphosen auf dem Vorhang) die Bühne geometrisch karg. Das verlangt viel Bewegungsregie, die Wallner richtig im 3. Akt im Griff hat: Hier ist er selbst in der Rolle des schnapsseligen Gefängniswärters Frosch – von ihm selbst als ein Kabinettstück erster Güte gespielt – die zentrale Figur, die das Handlungsnetz hält.

Bis dahin dominiert Gabriel von Eisenstein, vermeintlich: Er setzt sich in Szene, ob im heimischen Swimmingpool oder auf dem Ball des obskuren Prinzen Orlowksy oder im Knast – um am Ende, nebst den anderen namhaft gemachten Männern, von der versammelten Weiblichkeit vorgeführt zu werden. Der Eisenstein ist eine Paraderolle für den stimmkräftigen Komödianten in Steffen Kubach, allerdings mehr in einer Art Knallcharge als der elegante Verführer, wie er im Buche steht. Als seine Angetraute Rosalinde macht Elena Fink am Pool gute Figur und nutzt mit dem Czardas die Gelegenheit, ihren großen Opernsopran vorzuführen.

Alle an die Wand singt und spielt Andrea Stadel als resolutes Kammermädchen Adele: ein (Koloratur)Sopran-Profi und eine Komödiantin, die die Fäden in der Hand hält – im 2. Akt auch mit dem Prinzen Orlowsky, der (in der Premiere) mit Laila Salome Fischer etwas unglücklich besetzt ist. Noah Schaul als Alfred im Bademantel hat es nicht leicht, seinen Tenor warm zu halten, schmettert dennoch Spitzentöne. Mit komödiantischem und vokalem Einsatz erheitern Andreas Lettowsky (Gefängnisdirektor Frank), Erwin Belakowitsch (Notar Dr. Falke) und Tomasz Mysliwiec (Advokat Dr. Blind) sowie Elisa Pape, Marlou Düster und Lucia Haas Munoz. Kunterbunt sind die Figuren (Kostüme: Tanja Liebermann und Yvonne Forster) und geht es auf der Bühne zu, auch mit dem teils tänzerisch einbezogenen Chor (Einstudierung Jan-Michael Krüger, Choreographie Kati Heidebrecht, Licht Falk Hampel).

Bei der Premiere wählte GMD Stefan Vladar in der Ouvertüre sehr schnelle Tempi, in die sich die Philharmoniker hineinfinden mussten. Bald aber entwickelte sich der Walzer-Wohlklang und war die Leichtigkeit zu vernehmen, mit der Mazurka, Polka und Galopp mit ihrer melodischen Vielfalt das Werk durchziehen. Während im Graben also der Champagner perlt, wird auf der Bühne mehr Weiße mit Schuss geboten. Das Premierenpublikum genoss alles, was serviert wurde, und sparte am Ende nicht mit Beifall.

Bei der Premiere am Freitagabend gab es viel Beifall. Fotos: Olaf Malzahn

Bei der Premiere am Freitagabend gab es viel Beifall. Fotos: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 154445   Autor: Güz.   vom 15.10.2022 um 15.13 Uhr

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