Medizinstudierende kämpfen für ein faires Praktisches Jahr

Lübeck: Passend zum Abschluss der Aktionswoche „Faires Praktisches Jahr entschied auch der Landtag über die Zukunft des Praktischen Jahrs in Schleswig-Holstein. Die Juso Hochschulgruppe Lübeck ist enttäuscht.

Wir veröffentlichen die Mitteilung der Juso Hochschulgruppe Lübeck im Wortlaut:

(")Das Praktische Jahr (PJ) ist das letzte Jahr des Medizinstudiums und soll nach zehn theoriebetonten Semestern auf den praktischen Berufsalltag vorbereiten. Jedoch sind die Bedingungen im Praktischen Jahr ziemlich mies: Während die Studierenden vielerorts für Routineaufgaben fest eingeplant werden und über 40 Stunden pro Woche arbeiten, kommt die Betreuung und Ausbildung viel zu kurz. Für ihre Arbeit erhalten die Studierenden gar keine oder eine viel zu geringe Aufwandsentschädigung (meist zu einem Stundenlohn von ca. 2,50 Euro), sodass viele ihren Lebensunterhalt deshalb parallel zum Praktischen Jahr mit Nebenjobs finanzieren müssen. Und da die Abstände zum letzten Staatsexamen sehr kurz sind und daher die 30 Fehltage möglichst bis zum Schluss zur Prüfungsvorbereitung genutzt werden, schleppen sich viele Studierende krank zur Arbeit.

Vor diesem Hintergrund haben Medizinstudierende in dieser Woche in vielen Städten für ein faires PJ demonstriert. Lübecker Studierende beteiligten sich unter anderem an den Demonstrationen in Hamburg und Kiel. Die Juso-Hochschulgruppe Lübeck begrüßt zwar, dass sich auch der Landtag in dieser Woche mit dem Thema beschäftigt hat, ist aber enttäuscht, dass das Land keine konkreten Maßnahmen ergreift. Stattdessen wird nur an den Bund appelliert und das, obwohl das Land zum Beispiel schon jetzt Mittel für eine Aufwandsentschädigung in Höhe des BAföG zur Verfügung stellen könnte. Dies wäre auch ein erster Schritt für die nun beschlossene Strategieentwicklung, um Studierende auch nach dem Studium in Schleswig-Holstein zu halten.

Abschließend weist die Juso-Hochschulgruppe darauf hin, dass bereits seit 2019 bekannt ist, dass in Schleswig-Holstein jährlich rund 160 Studienplätze fehlen. Das hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung errechnet. Auch damals hat die Landesregierung nur an den Bund appelliert, obwohl die Zuständigkeit eindeutig bei den Ländern liegt. Das lässt für die Arbeitsbedingungen der Studierenden von heute Böses ahnen, auch wenn dann wenigstens der Stundenlohn über 2,50 Euro liegt und es wieder einen Anspruch auf Arbeitsunfähigkeit gibt.(")

Die Juso Hochschulgruppe Lübeck verlangt konkrete Verbesserungen beim Praktischen Jahr. Foto: Juso HSG

Die Juso Hochschulgruppe Lübeck verlangt konkrete Verbesserungen beim Praktischen Jahr. Foto: Juso HSG


Text-Nummer: 166669   Autor: Juso HSG/red.   vom 23.06.2024 um 16.47 Uhr

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Kommentare zu diesem Text:

Wilfried Link

schrieb am 24.06.2024 um 22.46 Uhr:
Liebe Junge Sozialdemokraten, Gut, daß Ihr dieses Problem des Praktischen Jahres aufgegriffen habt. Für die Nicht Studierende Bevölkerung sollte einiges aber näher beleuchtet werden: Grundsätzlich gibt der Staat die Verantwortung(für die Finanzierung) der ersten Ausbildung an die Eltern ab.

Können die Eltern eine Ausbildung (Schulische Ausbildung oder Studium) nicht bezahlen, hat man in erster Linie Pech gehabt in der BRD. Man arbeitet nebenher um es selber zu bezahlen, oder lässt es.

Aushelfen soll Bafög. Primär für das Studieren. Das ist aber abhängig von der Kooperation der Eltern, sowie vor allem von deren finanzieller Situation. Abhängig davon hat man keinen Anspruch, oder eben einen bestimmten Betrag, bis zu einer Höchstgrenze. Erfahrungsgemäß ist das Leben in vielen Universitätsstädten so teuer, dass man auch vom Höchstsatz entweder gerade eben so leben kann, oder mehr oder weniger zusätzlich arbeiten muss.

Die Förderungshöchstdauer des Bafög ist begrenzt auf die sogenannte „Regelstudienzeit“. Diese entspricht nicht der mittleren Dauer des Studiengangs (so wie es klingt), sondern entspricht eigentlich der Mindestdauer. Man bekommt also maximal so lange Geld wie es mindestens dauert das Studium zu absolvieren. Das hat viele unmittelbare Konsequenzen, wahrscheinlich mehr als man erstmal denkt.

Hieraus ergeben sich dann auch die besonderen Probleme für das Praktische Jahr: Das PJ entspricht den beiden letzten Semestern im Medizinstudium, also dem 11. und 12. Semester.
Reicht das Bafög ohne Zusatzarbeit also nicht fürs Leben, oder man bekommt kein Bafög und hat seine Eltern nicht auf Unterhalt verklagen wollen - falls die nicht unterstützen wollen - dann hat man das Problem das man nebenher arbeiten müsste. Was aber eigentlich nicht geht. Plus man darf bloß nicht krank werden.

Das PJ ist so gedacht, dass man da Vollzeit anwesend ist und unter ärztlicher Aufsicht (sodass man im Idealfall was lernt) richtig mitarbeitet. Für 3 Tertiale á 4 Monate (die übrigens bundesweit synchronisiert in einem Losverfahren vergeben werden und stattfinden) hat man dabei maximal 30 Fehltage. Krankheitstage entsprechen Fehltagen. Wer wenig Fehltage hat, der kann entsprechend länger am Ende des PJs fehlen und hat dann mehr Zeit für die Vorbereitung des dritten und letzten Teils der Ärztlichen Prüfung („drittes Staatsexamen“…)
Hat man mehr als 30 Fehltage, muss man ein weiteres Tertial (4 Monate mit maximal dann glaube ich wieder 10 Fehltagen) anhängen. Hier merkt man dann schon, dass das vorne und hinten Mist ist und jeden besonders benachteiligt der auf Bafög und/oder eigene Finanzierung angewiesen ist.

In der Praxis ist es darüber hinaus so, dass viele Studierende mindestens ein Semester länger brauchen, weil sie vor dem zweiten Teil der Ärztlichen Prüfung („zweites Staatsexamen“) üblicherweise einen Lernplan mit insgesamt 100 Lerntagen absolvieren wollen, um die Prüfung auch sicher bestehen zu können(wohlgemerkt sind das 100 Arbeitstage an denen Vollzeit zu lernen ist… )

c frohn

schrieb am 26.06.2024 um 22.14 Uhr:
Ach ja, klingt nach Jammern auf hohem Niveau. Das PJ ist Studium, warum soll es da überhaupt Geld für geben? Ein Wenig Dankbarkeit gegenüber der Gesellschaft, die das irre teure Medizinstudium finanziert, wäre angebracht. Und nur 30 Fehltage, wie gemein wenig, aber welcher Mensch in einem Arbeitsverhältnis kann sich die leisten?
Ich habe übrigens auch mal Medizin studiert.

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