Mentoren unterstützen bei Suche nach Nachfolgern

6.1.2022, 12.48 Uhr: Für viele kleine und mittlere Unternehmen ist das Thema Unternehmensnachfolge eine große Herausforderung. Findet sich kein passender Nachfolger, droht meistens die endgültige Schließung. Doch es gibt auch positive Beispiele. Wie etwa der Fall des Naturwarengeschäftes "hautNah" in der Werkhof-Passage. Im März 2021 erklärte die damalige Inhaberin Angelika Landgraff ihrer Verkäuferin Doris Mittelstädt dass sie nach 25 Jahren altersbedingt möglichst bald aufhören wolle.

"Das war für mich erst einmal ein Schock" erinnert sich Doris Mittelstädt, "denn ich war gern in dem Geschäft. Kosmetik und Textiles, das Schönste aus der Natur haben mich schon lange angesprochen und nun machte ich mir Sorgen, wer kommt und was überhaupt passiert". Um möglichen negativen Konsequenzen vorzubeugen, begann die 55-Jährige, die selbst seit 2018 im "hautNah" tätig war, intensiv zu überlegen, ob sie nicht selbst den Laden übernehmen könnte. Sie besprach sich mit ihrem Ehemann und erwachsenen Söhnen.

"Mein Entschluss das Geschäft zu übernehmen stand recht schnell fest", erzählt sie heute. "Ich habe eine starke Verbindung zu dem Sortiment aus Naturkosmetik-Produkten sowie Bekleidung für Damen und Kinder aus Naturmaterialien, zumal ich selbst unter Neurodermitis leide und mich auch deshalb immer hierfür interessiert und dazu weiter fortgebildet habe. Außerdem liebe ich es zu unserer Kundschaft Kontakt zu haben und sie zu beraten. Optimistisch stimmte mich auch, dass die Nachfrage immer weiter wächst. Die Kunden suchen immer häufiger naturbelassene Produkte und auch solche aus der Region."



Aber wie nun gründen und finanzieren? Frau Mittelstädt schaute nach Möglichkeiten Hilfe zu finden und stieß so auf die "Mentoren für Unternehmen in Schleswig-Holstein e.V.", die mit ihren auf ehrenamtlicher Basis arbeitenden Mentoren in derartigen Fällen umfangreich unterstützen. Im Juni traf sie sich zum ersten Mal mit ihrem Mentor Uwe Böttcher. "Das ehrgeizige Ziel war die Übernahme zum 1. September 2021. Kaum Zeit eine Finanzierung auf die Beine zu stellen", so Uwe Böttcher. "Alles musste also schnell gehen und Doris Mittelstädt hatte noch viele offene Themen abzuarbeiten. Glücklicherweise bestand aber bereits Einigkeit über den Kaufpreis mit dem zu übernehmenden Warenbestand zwischen Frau Mittelstädt und Frau Landgraff, die auch ganz intensiv für eine umfassende Einarbeitung ihrer Nachfolgerin sorgte." Es blieben aber noch die typischen Abläufe wie Warenbestellungen, Kasse und alle betriebswirtschaftlichen Aspekte. "Ein großer Berg, der vor mir stand" versichert Doris Mittelstädt, "aber hier hatte ich von allen Beteiligten eine starke Unterstützung und auch mein Ehemann bestärkte mich sehr."

Als Erstes musste ein Businessplan mit allen betriebswirtschaftlichen Daten zur Vorlage bei der Bank erstellt werden, um ein Förderdarlehen der KFW zu beantragen, was besonders durch die Erfahrung von Uwe Böttcher schnell geschafft wurde. Es folgten Vorlage und Gespräch bei der Bank Mitte Juli. Die Zeit war knapp, denn Antragsbewilligungen dauern bis zu einem Vierteljahr und am 1. September sollte die Übergabe sein. Nur durch eine private Zwischeneinlage und dem großen Zugeständnis der abgebenden Frau Landgraff, die Kaufpreiszahlung erst mit Darlehensauszahlung zu vereinbaren, konnte der Termin eingehalten werden. "Das war natürlich ein anstrengendes Unterfangen und auch ein hohes Risiko, das ich einging. Dazu kam noch der bevorstehende Wareneinkauf der Textilien für die Wintersaison und ich musste bereits im August, vor der offiziellen Übernahme auf eigenes Risiko für hohe Summen die Verantwortung übernehmen," betont Mittelstädt. "Aber alles klappte und auch das benötigte Darlehen wurde von der KFW im Oktober bereitgestellt." Am 1. September 2021 übernahm die Pönitzerin dann das Geschäft von Angelika Landgraff, die ihren Laden selber aufgebaut und 25 Jahre lang erfolgreich geführt hatte.

Nach den ersten vier Monaten blickt Doris Mittelstädt jetzt zufrieden und glücklich auf die erfolgreiche Übernahme. Auch wenn es immer wieder neue Herausforderungen gibt, beispielsweise aktuell Probleme einiger Lieferanten, aus Mangel oder Verzögerung bei Vormaterialien nicht voll oder erst verspätet liefern zu können. Ebenso sind Themen wie eine aufgefrischte Website und einfache online-Bestellmöglichkeiten für Stammkunden noch in Arbeit. "Ich möchte auch mein Sortiment erweitern, neue Schwerpunkte wie Kinderkleidung oder "Unverpackt- Reinigungsmittel" die bei uns aus Kanistern abgefüllt werden, herausstellen. Und ich muss wohl mein Mitarbeiterteam von zwei Verkäuferinnen erweitern", so Doris Mittelstädt. "Aber ich mache mir keine Sorgen um die Zukunft von "hautNah" und mir."

Am 1. September 2021 übernahm die Pönitzerin Doris Mittelstädt (Foto) nach 25 Jahren das Geschäft von Angelika Landgraff.



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