Wohnungen für Flüchtlinge: Israelsdorf packt an!

26.3.2022, 18.45 Uhr: 18 Räume werden derzeit von über 80 Lübeckern im Eilverfahren hergerichtet, damit Frauen mit Kindern auf der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine hier zunächst einmal eine Unterkunft finden. Die Israelsdorfer packen alle mit an, um die Räume des ehemaligen Pflegeheims in der Waldstraße instand zu setzen.



Es ist eine enorme Kraftanstrengung eines gesamten Lübecker Ortsteils, wobei Gewerke, Kirchengemeinde, Feuerwehr, Vereine und Verbände und Lübecker Stiftungen sich gleichermaßen beteiligen um besonders den Kindern, die Schreckliches erlebt haben, zumindest übergangsweise so etwas wie ein Zuhause zu bieten. Harald Benett vom Israelsdorfer Traditionshof weiß als Landwirt natürlich, wie man anpackt, aber was er derzeit erlebt, wühlt ihn emotional schwer auf. Er kann seine Begeisterung über die Unterstützung, die er derzeit erfährt, kaum in Worte fassen. Als er die furchtbaren Bilder von den sinnlos zerstörten Städten sah, war ihm sofort klar, dass der leerstehende Annex des DRK-Hauses neben seinem Hof für Flüchtlingsfamilien hergerichtet werden könnte.



Achtzehn ehemalige Wohneinheiten mit Waschgelegenheit und WC warteten darauf, in einen akzeptablen Stand versetzt zu werden, damit Menschen mit dringendem Bedarf dort schnell einziehen können. Etwa vier bis fünf Betten pro Wohneinheit sollen zur Verfügung gestellt werden und Gemeinschaftsräume nehmen mittlerweile auch bereits Gestalt an.

Der Vorsatz war schnell gefasst, die Umsetzung natürlich eine Herkulesaufgabe. Ohne Vorwarnung wurde Ehefrau Kirsten Benett zur Telefonzentrale und Koordinatorin der Hilfsaktion, denn Installationsgewerbe, Tischlerei, Dachdecker und Spezialisten aus zahlreichen Gewerken mussten zusammengebracht und richtig eingesetzt werden. Dazu kamen Ankündigungen von Materialspenden, Einwerbung und Abwicklung von Geld und Sachspenden und Aufrufe zur Beköstigung der Mitwirkenden. Die Erfahrungen an Hilfsbereitschaft, die Harald Benett in diesen Tagen gemacht hat, haben ihn tief bewegt. "Die Leute waren da und haben angepackt, jeder auf seine Weise," schwärmt er.



Bedenkenträgerei gab es nicht, jeder hat unbürokratisch seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Das Handy klingelt. Ein Anruf vom der DRK-Leitung ob denn alles geklappt hat. Benett berichtet kurz von der Schaffung eines ordnungsgemäßen Fluchtweges für die 1. Etage des Gebäudes. "Wir warten auf den Betongießer", berichtet er. Riesenlob von der andern Seite des Telefons. "Unglaublich, was ihr da auf die Beine stellt."

Harald Benett blickt derweil in die Zukunft. "Wir hoffen, dass die Frauen mit den Kindern sobald wie möglich das Gebäude beziehen können, das wird auf alle Fälle noch vor Ostern sein." Dann blickt er auf seine Hauskoppel, auf der eine mittlerweile stark gewachsene Herde seiner vom Aussterben bedrohten rauhwolligen Pommernschafe weiden. "25 Lämmer waren es bereits in diesem Jahr, berichtet er stolz", wir werden mehr als 25 Flüchtlingskinder hier unterbringen, aber alle dürfen sich über die Lämmer freuen und mit ihnen spielen. Und sogar an das große Heimweh wurde gedacht. Auf dem Dach werden Satellitenschüsseln montiert, damit auch Ukrainische Sender empfangen werden können, denn auch im fernen Lübeck brauchen die vertriebenen Menschen jetzt die Unterstützung ihres mutigen Präsidenten und den Gebrüdern Klitschko aus Kiew.

In der Waldstraße freut man sich auf den Lübecker Bürgermeister. Der hat schon bei der Reet-Ernte mitgeholfen und kennt den Hof, meint Harald Benett. Der wird sich freuen, wenn er sieht, was die Bürger hier ehrenamtlich und ohne auf die Uhr zu gucken in aller Schnelle geschaffen haben.

Im Original-Ton hören Sie ein Interview von Harald Denckmann mit Harald Benett zum Projekt.

Rund 80 Israelsdorfer packten spontan mit an und installierten sogar eine neue Fluchttreppe aus dem Obergeschoss. Fotos, O-Ton: Harald Denckmann

Hier hören Sie den Originalton:  



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