Fraktion21: Neue Modelle der Bürgerbeteiligung in Lübeck

7.5.2022, 15.17 Uhr: Nach Auffassung der Fraktion21 benötigt Lübeck neue Formate der Bürgerbeteiligung. Das bisher von der Verwaltung praktizierte Beteiligungsformat, bei dem interessierte Bürger zu entsprechenden Informationsveranstaltungen eingeladen worden sind (Einladungsformat), habe nicht den erwünschten Bindungs- und Legitimationseffekt erzielt.

Die Fraktion21 setze sich deswegen dafür ein, andere Beteiligungsformate, die sich schon andernorts bewährt haben, auch in Lübeck zu etablieren.

Hierzu erklärt Wolfgang Liedtke, Demokratieexperte der Fraktion21:

(")Dem von der Verwaltung bislang praktizierten Einladungsformat (z.B. jüngst bei den Themen Klimaschutz und Verkehrsversuche in Beckergrube und Fackenburger Allee) wird häufig entgegengehalten, dass an diesem vor allem der ohnehin schon von der Sache überzeugte Personenkreis teilnehmen würde.

Richtig ist: Demokratie braucht – auch in einer repräsentativen Demokratie – aktive und wirkungsvolle unmittelbare Bürgerbeteiligung. So einfach diese Losung scheint, so erzielen die bisher praktizierten Bürgerbeteiligungsverfahren oft nicht den erwünschten Erfolg. Es fehlt häufig an einer plausibel repräsentativen Beteiligung. Ein großer Teil der betroffenen Bevölkerung nimmt an derartigen Prozessen nicht teil („Am Ende kommen doch immer nur die üblichen Verdächtigen“). Es gibt jedoch auch andere Modelle der Beteiligung, die mit einem „weißen“ Papier anfangen und aus der Sicht der betroffenen Bevölkerung denken: sogenannte Bürgerräte.

Die Idee der Bürgerräte basiert auf der Vorstellung, Bürger und Bürgerinnen stärker unmittelbar an politischen Entscheidungen zu beteiligen. Es klingt verlockend: Man holt einfach einen Querschnitt der Bevölkerung an einen Tisch und lässt die Menschen über die drängendsten Probleme ihrer Lebenswelten reden. Eine zufällig durch Los bestimmte Gruppe von Laien berät, von Experten informiert, über gegenwärtige und zukünftige Themen der Politik. Aufgrund der Zufallsauswahl aus dem Melderegister oder Telefonbuch kommen die Teilnehmenden dem gedachten „Normalbürger“ am nächsten. Insbesondere vertreten sie dadurch keine Interessengruppen, sondern ihre persönliche Meinung.

Die gewonnenen Ergebnisse werden sodann in einem bestimmten Verfahren mit Politik und Verwaltung diskutiert und auf ihre Umsetzung überprüft. Dieses Beteiligungsformat der Bürgerräte stößt zunehmend bundesweit auf wachsendes Interesse und hat sich auch in schon in zahlreichen Kommunen bewährt.

Im Rahmen einer für den 25. Mai geplanten Online-Veranstaltung (via ZOOM ab 19 Uhr) möchte die Fraktion21 unter Beteiligung von ausgewählten Fachleuten und Bundespolitikern aus dem Wahlkreis Lübeck über diese für Lübeck neue Form der Beteiligung informieren.

Zwei Politikwissenschaftler werden dabei auf generelle Aspekte von Bürgerrat-Formaten eingehen, einige kommunale Beispiele genauer vorstellen und beleuchten. Sie werden darstellen, wie die Bürgerräte zur Politik rückgekoppelt waren und welche Effekte sie erzielt haben. Darüber hinaus wird ein zentraler Akteur einer Initiative zur Einrichtung eines gelosten Bürgerrats aus Schleswig-Holstein (Neumünster) von seinen Erfahrungen berichten. Außerdem hat der Lübecker Bundestagsabgeordnete Bruno Hönel seine Teilnahme zugesagt, weil das Thema Bürgerrat auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung Berücksichtigung gefunden hat.(")

Wolfgang Neskovic, Vorsitzender der Fraktion21, erklärt abschließend: "Bürgerräte können einen konsequenten und wertvollen Beitrag zur Demokratieentwicklung leisten. Planungsprozesse werden wohl nicht unbedingt schneller ablaufen, sie werden aber von Anfang an bürgernah, bedarfsgerecht und innovativ sein."

Interessierte sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen und mitzudiskutieren. Eine Anmeldung ist erforderlich per formloser Email an post@fraktion21.de.

Wolfgang Neskovic und Wolfgang Liedtke wollen bei einer Online-Veranstaltung das Konzept vorstellen.



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