Hilfe in einer ausweglosen Situation

9.7.2022, 8.46 Uhr: In ihren "Gedanken zum Wochenende" berichtet Pastorin i.R. Ellen Naß von einem besonderen Erlebnis mit einem Schaf, das offenbar seine Herde verloren hat. Die Situation lässt sich auch auf den Menschen übertragen.

Neulich erinnerte mich eine Freundin an ein Erlebnis, das lange zurückliegt und das ich schon fast vergessen hatte.

Wir waren in England in Urlaub, der Campingplatz bestand aus einer Wiese. Sie hatte das Zeichen für Campingplatz, aber wir haben den Betreiber nie herausgefunden. Außer uns war kein anderer Camper anwesend. Mitten in der Nacht wurden wir wach. Es war Lärm in unserer Nähe. Es hörte sich an wie ein Schaf, das mähte. Es schien immer wieder von unterschiedlichen Seiten zu kommen.

Keiner von uns konnte schlafen. Schließlich ging ich im Nachthemd nach draußen: Ein Schaf war zu uns auf die Wiese gekommen. Kläglich blökend lief es immer wieder um unser Wohnmobil herum. Ich suchte die Lücke in der Hecke, durch die es gekommen sein konnte, aber ich fand keinen Ausweg. So ging ich wieder in das Auto – es war für uns alle eine sehr unruhige Nacht.

So lernte ich, dass Schafe sich verirren können – und dass sie das nicht mögen. Sechs Stunden lang lief dieses Schaf mähend um unser Auto, die Pausen waren kurz. Dann geschah das Wunder: Durch ein – für mich unsichtbares – Loch in der Hecke kamen vier andere Schafe. Sofort herrschte Stille, und diese Schafe nahmen unser Schaf mit auf ihren Weg.

An dieses Ereignis muss ich bei vielen biblischen Erzählungen und Prophetenworten denken. Damals habe ich kennengelernt, was für die Menschen des Alten und des Neuen Testamentes Alltag war, nämlich, wie sich Schafe verhalten. Offensichtlich fühlen sie sich allein nicht wohl. Wenn sie sich verlaufen haben, finden sie nicht zurück. Sie brauchen ihre Herde, sie brauchen jemanden, der ihnen den Weg weist, für sie sorgt, ihnen hilft.

Gott ist für uns solch ein guter Hirte, das beschreibt die Bibel immer wieder. Er sorgt für uns, hilft uns, zeigt uns den Weg, dass wir uns nicht so verirren wie das Schaf damals. Andererseits ist „Schaf“ etwas, was man als Mensch nicht unbedingt sein möchte, „dummes Schaf“ ist ein Schimpfwort. „Schlafschafe“ haben in letzter Zeit auch nur eine verächtliche Bedeutung, wenn auch das Schaf damals nicht schlief, sondern sehr wach war – mitten in der Nacht.

Trotzdem hat mir das Bewusstsein, zur Herde Gottes zu gehören, Ihn oder auch Jesus als guten Hirten zu haben, immer wieder Sicherheit und Geborgenheit gegeben. Im Leben gibt es immer wieder Zeiten der Unsicherheit, wo man nicht weiß, wie es weitergehen soll, und dann schenkt das Vertrauen, dass Gott es weiß, Sicherheit und Geborgenheit. Dann kann ich trotz der Unsicherheit planen, vorwärts gehen.

Wenn ich sinnlos im Kreis laufe, weil ich das Loch in der Hecke oder den richtigen Weg nicht finde, dann kann ich mich darauf verlassen, dass Gott zur Hilfe kommen wird, dass ich aus der scheinbar ausweglosen Situation herausfinde, den Weg wieder sehe.

Wenn ich mich allein fühle, dann weiß ich, dass Gott trotzdem da ist, dass Er mir beisteht und mir hilft, oder - so wie bei unserem Schaf in England – andere Schafe vorbeischickt, die mich mitnehmen auf dem Weg, gemeinsam mit mir gehen. Bei Gott bin ich gerne ein Schaf, und ich finde das auch gar nicht dumm, weil ich in Seiner Herde behütet bin und nicht allein – und trotzdem hellwach und mutig das Leben meistern kann.

Pastorin i.R. Ellen Naß berichtet von einem besonderen Erlebnis.



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