7. Sinfoniekonzert: Teufelsgeiger und Hexensabbat

16.4.2023, 18.32 Uhr: Das 7. Sinfoniekonzert der Lübecker Philharmoniker in der MuK ist ganz romantisch und französisch orientiert: Gastdirigent Sébastien Rouland, GMD in Saarbrücken, dirigiert Werke von Maurice Ravel, Camille Saint-Saens und Hector Berlioz. Lediglich der Solist kommt aus der Ukraine: Andrej Bielow erweist sich als wahrer Teufelsgeiger in zwei der beliebtesten Bravourstücke der Violinliteratur.

In der Programmverlauf, vom Anfang des 20. Jahrhunderts zurück über die Mitte bis zum ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, lässt sich Romantik zurückverfolgen. Im Auftakt des Konzerts besinnt Ravel sich In seiner – ursprünglich für Klavier geschriebenen – „Pavane pour une infante défunte“ (1909) auf den Barock: Dominantes Schreiten der Bläser mit unterlegten Streichern bringt Rouland beidhändig ins vorgezeichnete, aufgehellte Gleichmaß.

Selten befassen sich die großen Solisten mit den Violin-Bravourstücken von Ravel und Saint-Saens. Denn dafür braucht es neben souveräner Technik auch jene Bravour-Chuzpe, über die Andrej Bielow (neben einem feinen Instument) verfügt. Beherzt stürzt er sich bei Ravels „Tzigane“ (1910) ins Auftakt-Solo mit Schleiftönen, Spiccati und Pizzicati – und bei den weiteren Kapriolen bleibt dem Publikum ebenfalls nur noch Staunen. Dirigent und Orchester üben sich in Zurückhaltung, während Bielow ein Feuerwerk abbrennt. Nach feinem Dialog lockert sich die Rhythmus-Bremse und alle eilen einem effektvollen Schluss entgegen.

Nicht minder imponiert Bielow mit Camille Saint-Saens' „Introduction e Rondo capriccioso“ (1867). Er beginnt es schmachtender als jedes Salonstück, um dann eine saftige Erzählung abzuliefern mit rapiden Tempo- und Gefühlswechseln – eben mit allen technischen Finessen, die sich dann auch in emotionaler Körpersprache ausdrücken. Rouland lässt den Geiger weich tragen oder das Orchester auch vollmundig dagegenhalten, so dass hier Solist und Publikum geradezu umarmt werden.

Zu toppen ist solch Virtuosität nur noch durch die Wucht von Berlioz' „Symphonie fantastique“ (1830). Dieses romantische Großwerk entfaltete am Sonntag alle Kraft, doch (noch) nicht alle Berlioz'sche Gefühlswelt: Für ein so umfangreiches Programm mit einem ihm nicht vertrauten Orchester konnte die Probezeit für Sébastien Rouland nicht ausreichen. Aber er durfte sich auf Lübecks Philharmoniker verlassen, die mit einigen Verstärkungen das komplexe Werk imponierend im homogenen Klangbild boten. Ungewohnt schnell ging Rouland den ersten Satz an, fand in die stimmungsvolle „Valse“ (mit zwei Harfen), und in der „Szene auf dem Lande“ sorgten Holzbläser-Soli für Feinstimmung. Den makabren „Gang zum Schaffott“ begleiteten Celli-Kraft, derbe Posaunen und zwei Tuben – und im „Hexensabbat“ (mit zwei Tuben und Röhrenglocken) dominierte das Diabolische.

Höchst beeindruckt applaudierte des erfreulicherweise zahlreiche Publikum stark und lange. Wer das Montagskonzert (17. April, 19.30 Uhr, MuK) besucht, kann sich darauf freuen; dann wird die „Symphonie fantastique“ noch besser klingen.

Gastdirigent Sébastien Rouland überzeugte das Lübecker Publikum. Foto: Holger Kiefer



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