Ein Anker für Hamburg

15.8.2023, 19.40 Uhr: „Die Peking bekommt ihren zweiten Anker. Er ist nach langen Bemühungen jetzt auf dem Weg. Bevor er an Bord kommt, muss er allerdings noch aufgearbeitet werden“, freuen sich die Hamburger Peking-Freunde auf ihrer Facebook-Seite. Viele Travemünder werden diesen speziellen Anker kennen. Er lag jahrzehntelang vor der „Passat“ im Priwallafen. Und ist ein seltenes Original.


Hier lag der Anker seit vielen Jahrzehnten: In Sichtweite der Viermastbark „Passat“ auf dem Priwall.

Schwesterschiffe
Auf den ersten Blick könnte man die Hamburger „Peking“ und die Travemünder „Passat“ leicht verwechseln. Kein Wunder, wurden beide doch nach gleichen Bauplänen für die Reederei F. Laeisz gebaut, liefen im Jahre 1911 in Hamburg vom Stapel. Doch während die „Passat“ 1960 als neues Wahrzeichen nach Travemünde kam, dümpelte die „Peking“ zunehmend verwahrlost im Hafen von New York herum. Bis sie im Jahr 2017 in einem Dockschiff über den Atlantik kam, zunächst in die Werft nach Wewelsfleth und jetzt erst einmal in den etwas abgelegenen Hansa-Hafen in Hamburg. Eigner ist jetzt die „Stiftung Historische Museen Hamburg“.


Im Zuge der Promenadensanierung wurde der Anker auf eine Verkehrsinsel im hinteren Bereich der Ferienanlage „Beach Bay“ verlegt.

In Hamburg fehlt ein Anker
Die marode „Peking“ wurde saniert. Sagenhafte 37 Millionen Euro standen dafür zur Verfügung. „Ich gönne es den Hamburgern von Herzen“, sagt dazu Holger Bull vom Verein „Rettet die Passat“. Trotzdem ist er stolz, dass der Travemünder Windjammer ohne solche Fördermittel rein mit dem Engagement der Bürger in Schuss gehalten wird. Was trotz der Millionen den Hamburgern fehlte, war ein Steuerbord-Anker. Und ohne den „sieht es traurig aus“, erzählt Holger Bull. Da man ein gutes Verhältnis hat, kam vor gut drei Jahren der Travemünder Anker ins Spiel, der an Land vor der Passat lag. Erste Untersuchungen zeigten, dass er ein aufgeschweißtes „FL“ trug: Indiz dafür, dass es sich um ein Original der Reederei „Ferdinand Laeisz“ handelte, ein historisches Original.


Jetzt hat ein Tieflader den drei Tonnen schweren Anker aus seinem Dornröschenschlaf auf dem Priwall befreit und er darf in Hamburg wieder an einem richtigen Windjammer bewundert werden.

Wem gehört der Travemünder Anker?
Ein unerwartetes Problem ergab sich bei der Besitzfrage. Holger Bull erzählt, dass er seit 1958 auf dem Priwall ist, der Anker sei schon immer dagewesen. Da sowohl „Passat“ als auch die gesunkene „Pamir“ früher Travemünde besucht hatten, wird vermutet, dass er zu einem der beiden Schiffe gehört. Doch wie er ans Priwall-Ufer kam, war nicht mehr festzustellen. „Uns gehört der Anker nicht“, hätte der Lübecker Bürgermeister auf Nachfrage gesagt, erzählt Holger Bull. Also fragte man beim Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) nach. Doch die Bundesbehörde hätte den Anker nicht haben wollen. Weitere Probleme gab es, weil den Hamburgern zunächst ein Zertifikat fehlte, „dass der Anker auch hält“. Und den Anker hergeben, nur damit er wieder an Land vorm Schiff liegt, das wollte Holger Bull nicht.




Pragmatische Lösung nach drei Jahren
Schließlich war es nach drei Jahren so weit, dass der drei Tonnen schwere Anker an der „Peking“ angebracht werden konnte. Während der diesjährigen Segel-Veranstaltung „Travemünder Woche“ kam ein Tieflader aus Hamburg auf den Priwall und lud den Anker auf.


Der Platz auf der kleinen Verkehrsinsel ist jetzt frei. Was dort als Ersatz aufgestellt wird, ist noch nicht bekannt.

Mit den immer noch ungeklärten Besitzverhältnissen hielt man es so, dass der Besitz in dem Moment, als der Anker auf dem Priwall auf den Hamburger Tieflader gehievt wurde, an die „Freunde der Peking“ überging. Von wem auch immer. „Das haben wir so beschlossen“, sagt Holger Bull.

Die „Peking“, hier im Hamburger Hansahafen, bekommt den schweren Original-Anker vom Priwall. Fotos: Karl Erhard Vögele (3), Holger Bull (3), Helge Normann (1)



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