Gedanken zum Ewigkeitssonntag

Lübeck: Archiv - 20.11.2021, 09.01 Uhr: Am Sonntag wird in den Kirchen der Verstorbenen gedacht. Am Ewigkeits- oder auch Totensonntag geht es aber auch um Fragen des Lebens und des Glaubens. Pastorin i.R. Ellen Naß geht in ihren Gedanken zum Wochenende auf diesen stillen Feiertag ein.

Gestern haben wir meine Schwiegermutter beerdigt. Sie ist 92 Jahre alt geworden, ein gutes Alter. Sie ist schon vor 4 Wochen gestorben, aber in Hamburg, wo sie gelebt hat, hat es immer schon etwas länger bis zur Trauerfeier gedauert.

Es war eine Zeit, in der wir intensiv über Leben und Tod nachgedacht haben. Ihr Leben war uns viel mehr vor Augen als sonst, die Frage, was denn bleibt, im Guten wie im Schlechten. In unserer Erinnerung wird sie bleiben – auch wenn das nicht sehr lange sein wird, denn Urenkel hatte sie nicht, mit ihren Enkeln wird auch die Erinnerung enden.

Sehr angenehm war das Verhältnis zu dem Hamburger Pastor. Er wusste nicht, dass ich eine Kollegin bin, gab sich also auch nicht mehr Mühe als sonst, aber er schaffte es, dass wir getröstet das Trauergespräch verließen. Auch die Trauerfeier war gut, feierlich und tröstlich, er hat ihr Leben gewürdigt und über christliche Hoffnung gesprochen. Ich bedanke mich bei ihm und spreche ihm meine Hochachtung aus.

Morgen begehen Christen den Toten- oder auch Ewigkeitssonntag. In vielen Friedhofskapellen finden Gottesdienste statt, in den Sonntagsgottesdiensten am Vormittag werden die Namen der Verstorbenen des letzten Jahres vorgelesen. Es wird noch einmal an sie erinnert, gleichzeitig wird der Blick erweitert, über die persönliche Ebene hinaus.

Denn jeder Tod stellt die Frage nach unserem – nach meinem – Glauben. Es gibt ja die verschiedensten Vorstellungen, was nach dem Tod sein wird. Viele meinen inzwischen, dass mit dem Tod alles vorbei ist, dass wir einfach aufhören zu existieren.

Andere glauben an eine unsterbliche Seele. Dass Körper verwesen, haben Menschen schon immer gewusst, aber irgendwo da innen drin ist etwas anderes, so der Glaube, etwas, was zwar noch keiner gesehen hat, aber was da ist, was unsterblich ist. Auch unter Christen ist eine solche Vorstellung weit verbreitet, eine Strophe in dem Lied „Von Herrn Pastor sien Koh“ handelt sogar davon.

Einige glauben, dass diese unsterbliche Seele nach dem Tod in einem anderen Körper neu geboren wird. In fernöstlichen Religionen gibt es diese Vorstellung, aber auch schon der altgriechische Philosoph Platon schrieb davon. Ich fand den Gedanken immer sehr deprimierend – die Vorstellung, nach 70 oder 80 Jahren Lebenserfahrung wieder von vorn anfangen zu müssen, und vielleicht danach noch einmal, hat für mich eher etwas Abschreckendes als etwas Hoffnungsvolles. Auch in den fernöstlichen Religionen ist die Wiedergeburt eher eine Strafe als eine Verheißung.

In der Bibel gibt es keine einheitliche Vorstellung davon, was nach dem Tod ist. Im Alten Testament in den Psalmen betet sogar jemand, Gott möge ihn vor dem Tod retten, weil er im Totenreich Gott nicht loben kann.

Aber es wird berichtet, das Jesus von den Toten auferstanden ist. Viele Menschen haben ihn gesehen und erlebt, auch wenn nicht ganz klar ist, wie er war – er erschien einfach so, aber man konnte ihn anfassen. Für die Menschen um Jesus gehörten Körper, Geist und Seele zusammen, das eine ohne das andere war für sie nicht vorstellbar – nur eine Seele, das wären nicht mehr sie selbst gewesen.

Für mich ist das das Entscheidende: Auch nach dem Tod werde ich ich selbst sein. So, wie Jesus für seine Jünger erkennbar war, so werde auch ich bleiben, was ich bin. Das andere, was mir wichtig ist, ist, dass ich keine Angst zu haben brauche, was sein wird: weil Gott bei mir sein wird, so, wie Er es heute schon in meinem Leben ist.

Ich mache mir keine Gedanken darüber, ob wir unter Bäumen in einem Paradies umherwandeln, ob es ein Himmelstor gibt und Petrus davorsteht. Ich weiß, dass Gott bei mir sein wird mit Seiner Liebe, Seiner Nähe. „Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und ein Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium“ heißt es in 2. Timotheus 1,10.

In diesem Wissen können wir von unseren Angehörigen und Freunden Abschied nehmen, wenn es denn sein muss, und können leben im Vertrauen auf Gott.

Pastorin i.R. Ellen Naß erläutert die Bedeutung des Totensonntags.

Pastorin i.R. Ellen Naß erläutert die Bedeutung des Totensonntags.


Text-Nummer: 148509   Autor: red.   vom 20.11.2021 um 09.01 Uhr

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