Kandidatin: Gendern verzögert Verfahren um sechs Monate

Lübeck: Archiv - 24.09.2023, 21.07 Uhr: Seit Jahresbeginn 2020 gendert die Lübecker Verwaltung unter Einsatz des Doppelpunktes. Ein Thema, das auch bei der Vorstellung von Bürgermeister-Kandidatin Melanie Puschaddel-Freitag auf dem Bürgerstammtisch der Travemünder CDU zur Sprache kam. „Ich bin kein Freund davon“, sagte die Kandidatin. Als Bürgermeisterin würde sie gern die Lübecker Bürger fragen, was die davon halten.

Gutachten nicht gegendert

Passend zum Thema erzählte sie eine skurril anmutende Anekdote: Ihr sei erzählt worden, berichtete Bürgermeister-Kandidatin Melanie Puschaddel-Freitag, „im Baubereich hat sich ein Verfahren um ein halbes Jahr verzögert, weil die Hansestadt Lübeck ein Gutachten nicht anerkannt haben soll, weil nicht gegendert wurde.“ Bürgerschaftsmitglied Jochen Mauritz (CDU) bestätigte die Geschichte: Das sei ein fremder Gutachter gewesen, der müsse nicht gendern. „Die Verwaltung hat es zurückgeschickt“, so Mauritz. Es hätte den Bauherren „bestimmt 180.000 bis 200.000 Euro mehr gekostet, diese Extra-Runde zu drehen.“ Mauritz: „Da sitzt man da und ist einfach nur sprachlos.“

Aufgezwungene Schreibweise

Sie sei der Meinung, jeder solle privat so schreiben wie er möchte, meinte Melanie Puschaddel-Freitag. „Aber wir haben in der Landesverwaltung auch kein Gendern, es gibt in den Schulen kein Gendern.“ Bildungsministerin Karin Prien hätte sich extra nochmal dafür ausgesprochen, dass das in den Schulen nicht eingeführt werde. „Und ich finde es schwierig, wenn man Mitarbeitern aufoktroyiert, wenn man sagt, euer Schriftverkehr wird nicht mehr akzeptiert, wenn ihr nicht entsprechend schreibt, wie es eigentlich normalerweise in Deutschland so offiziell noch gar nicht vorgesehen ist“, zählte sie den amtierenden Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) an. Es sei etwas anderes, wenn deutschlandweit gesagt würde, das sei nun die Schreibweise. „Aber das ist ja nicht der Fall.“ Weiter verwies sie auf Gremien, die sich mit der Weiterentwicklung der Sprache beschäftigen würden. „Und da wurde es bislang abgelehnt“, sagte sie. „Und insoweit denke ich, dass das auch ein Indiz ist, in welche Richtung das im Moment eigentlich geht.“

„Ich denke, das muss dringend überprüft werden“

„Ich bin kein Freund davon“, betonte Melanie Puschaddel-Freitag noch einmal. „Ich denke, wir haben andere Probleme“, sagte sie. Es gäbe ja schon einen Antrag der FDP auf Überprüfung (Wir berichteten). „Und ich denke, das muss dringend überprüft werden“, so die Bürgermeister-Kandidatin. „Ich persönlich halte es für nicht zielführend. Da ist niemandem geholfen.“ Sie fühle sich als Frau dadurch „nicht irgendwie mehr wahrgenommen“. Vielmehr verwies sie darauf, dass im Führungsbereich städtischer Gesellschaften „gerade mal acht Prozent Frauen“ seien. Wenn in der Verwaltung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser umsetzbar ausgebaut würde, den Frauen ermöglicht würde, schneller, besser, effektiver oder auch mit größerem Zeitanteil wieder in die Arbeitswelt reinzukommen, „das sind alles Punkte die für mich viel, viel wichtiger sind als ein Doppelpunkt“, sagte Melanie Puschaddel-Freitag

Bürger fragen, was sie davon halten

„Ich möchte grundsätzlich mehr Bürgerbeteiligung haben“, führte die Kandidatin aus. Und gerade auch beim Thema Gendern böte sich das an, um sich ein Meinungsbild aus der Bevölkerung zu holen. Es sei heutzutage unproblematisch möglich, sich elektronisch und über die Stadtteilbüros ein Meinungsbild aus der Bevölkerung zu holen. Melanie Puschaddel-Freitag würde das als Bürgermeisterin in vielen Bereichen umsetzten, auch als Entscheidungsgrundlage für die Ausschüsse und für die Bürgerschaft. Auf den Einwand aus dem Publikum, dass sich bei einer Umfrage ja schon 80 Prozent gegen das Gendern ausgesprochen hätten, meinte sie: „Für Lübeck wurde es ja nicht abgefragt, da wurde es ja einfach eingeführt. Und ich denke, das darf man jetzt einfach nochmal nachholen.“

„Ich bin eine Mutter und nicht ein ´Elternteil eins´. Und das möchte ich auch gerne bleiben“, sagte Bürgermeister-Kandidatin Melanie Puschaddel-Freitag (CDU). Hier mit dem Travemünder Ortsverbandsvorsitzenden Thomas Thalau. Foto: Helge Normann

„Ich bin eine Mutter und nicht ein ´Elternteil eins´. Und das möchte ich auch gerne bleiben“, sagte Bürgermeister-Kandidatin Melanie Puschaddel-Freitag (CDU). Hier mit dem Travemünder Ortsverbandsvorsitzenden Thomas Thalau. Foto: Helge Normann


Text-Nummer: 161383   Autor: Helge Normann   vom 24.09.2023 um 21.07 Uhr

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