Erinnerungen an das Haus Simeon

Lübeck: Regina Pabst (96) war bis 1993 Leiterin der Caritas Lübeck. Sie begann ihre Arbeit für den Verband bereits im Jahr 1964. Das Caritashaus Simeon hat sie von der ersten Idee an begleitet. Lesen Sie ihre Erinnerungen an die Entstehungsgeschichte des katholischen Pflegeheims.

Wie alles begann
„Ich war in der Jugendarbeit der Herz-Jesu-Gemeinde aktiv, daraus ergab sich der gute Kontakt zum damaligen Propst Paul Biedendiek. Er bat mich, die freie Stelle bei der Caritas zu übernehmen. Anfangs wurde ich als Sekretärin eingestellt. Fürsorgerin – heute heißt es Sozialarbeiterin – konnte ich nicht werden, weil ich dafür eine Ausbildung in Hamburg hätte machen müssen. Das ging aus familiären Gründen nicht. Deswegen habe ich das Kaufmännische übernommen. Meine Kollegin Erika Jung war die Sozialarbeiterin. Sie war zunächst für den Sozialdienst katholischer Frauen tätig und saß auch im 2. Stock des Gesellenhauses, im Büro neben meinem. Dann wechselte sie zur Caritas. Auf unserem Stockwerk war auch das Müttergenesungswerk mit Elisabeth Ehrtmann vertreten.

Bei uns allen wurde mehrfach nach katholischen Altenheim-Plätzen gefragt. Die Vermittlung erfolgte dann nach Mölln, wo neben dem Don-Bosco-Haus ein kleines Heim von Maria von de Berg geführt wurde, oder nach Itzehoe, wo es ein Haus von der dortigen Gemeinde gab, das auch Lübecker aufnahm. Uns kam die Idee, in Lübeck ein katholisches Pflegeheim zu ermöglichen. Dieses Anliegen trugen wir dem Propst vor, der positiv darauf einging.“

Planung und Bau
Es begann ein langer Weg der Planung. Zunächst musste geklärt werden, wo das künftige Heim entstehen sollte: „Lübeck hatte das Privileg, die eingehende Kirchensteuer eigenständig zu verwalten. Zuständig dafür war der Rendant (Rechnungsführer) Adolf Ehrtmann mit einem weiteren Vorstand. Die Anfrage war jetzt: Wo ist ein Grundstück, um ein Alten- und Pflegeheim mit 100 Plätzen zu erstellen? In Schlutup neben der katholischen Kirche oder an der Parade hinter der Kirche bis zur Hartengrube?“

Inzwischen hatte ich ein Kuratorium mit Personen aus den katholischen Gemeinden mit Fachkenntnissen für die weitere Planung gegründet. Mit dabei waren Propst Biedendiek, der Direktor des Caritasverbandes Schleswig-Holstein Heinz von Hobe, der Leiter des Sozialamts Bernhard Prügel und zwei seiner Mitarbeiter, ein Bauingenieur,ein Jurist und der Mitarbeiter einer großen Bank. „In der ersten Sitzung fiel die Entscheidung für den Standort Parade/ Hartengrube, an dem früher die katholische Schule gestanden hatte. Diese war 1938 geschlossen worden, im Krieg teils abgebrannt und wurde dann abgerissen.“

Zu der Zeit, als das Haus Simeon geplant wurde, gab es auf dem Gelände eine Baracke, in der die Kita untergebracht war. Sie wurde nun abgerissen und ein Neubau durch die Propstei-Gemeinde begonnen. Während der Neubauphase zog die Kita ins Erdgeschoss des Pfarrhauseses um. Für den Bau des Pflegeheims gab es eine Ausschreibung, und die Entscheidung fiel auf das Architektenbüro Hüsing in der Hartengrube. „Es gab auch zwei katholische Architekten, die sich beworben hatten, aber deren Entwürfe sagten uns nicht zu.“ Nun konnte die praktische Arbeit beginnen. Zunächst wurde der Boden untersucht. Ergebnis: „Ein Drittel des Erdreichs musste ausgetauscht werden, weil der Boden sandig war und das Gebäude nicht getragen hätte.“

Inzwischen schrieb man schon das Jahr 1973. Seit den ersten Überlegungen zur Errichtung eines Pflegeheims waren neun Jahre vergangen. „Die Planung dauerte deswegen so lang, weil die Caritas Lübeck bis 1980 kein e.V. war, also nicht Träger für das Heim sein konnte, und sonst niemand die Trägerschaft übernehmen wollte. Die Caritas Schleswig-Holstein hat sie dann übernommen, aber es war klar, dass sie es von Kiel aus nicht verwalten konnten.

Deswegen wurde für die unmittelbare Arbeit und Planung am Ort ein Verwaltungsbeirat berufen.“ In diesem Gremium waren unter anderem Caritasdirektor Heinz von Hobe, der künftige Heimleiter Jensen, für die Lübecker Caritas Regina Pabst und Erika Jung, die Propsteigemeinde und der bereits erwähnte Leiter des Sozialamtes Bernhard Prügel vertreten. „Für die Finanzierung wurden Anträge bei der Hansestadt Lübeck, der Possehlstiftung und dem Kuratorium Altenhilfe gestellt. Bei der Berechnung der Pflegesätze half uns ein Mitglied des Verwaltungsbeirats, wir hatten davon ja keine Ahnung.“

Der Grundstein wurde dann noch im gleichen Jahr, also 1973, durch Propst Biedendiek gelegt. Die Einweihung des Hauses Simeon und gleichzeitig des neuen Kindergartens konnte sein Nachfolger Theobald Bultjer bereits 1974 mit einem Gottesdienst in der Propsteikirche feiern, an dem auch der Osnabrücker Bischof Helmut Hermann Wittler teilnahm.

Wie kam es zum Namen „Haus Simeon“?
„Im Ausschuss wurden Namen diskutiert, aber alle waren schon an andere Einrichtungen oder Gemeinden vergeben. Eines Tages habe ich gemeinsam mit dem Leiter des Sozialamtes die Müttergenesungswerke in Plön und Niendorf besucht. Eine evangelische Pastorin aus Lübeck war auch dabei. Auf dem Rückweg haben wir im Auto über mögliche Namen für das Heim gesprochen. Sie schlug Simeon oder Hanna vor und ich habe das in den Ausschuss eingebracht. Dagegen gab es zunächst Gegenwehr mit dem Argument, es sei doch kein Sterbehaus.“ Der Vorschlag wurde dann aber angenommen.

Das Haus wird erweitert
„Zu Beginn hatte das Haus 105 Plätze, teils auch in Einzelzimmern. Zur Hartengrube hin war die sogenannte ‚Vorpflege‘ für mobile Bewohner mit wenigen Einschränkungen untergebracht.“ Ein eigener Wohnbereich für Menschen mit Demenzerkrankung kam noch hinzu. Das wurde möglich durch die Umwandlung des benachbarten Gesellenhauses in ein Ärztehaus für die Belegärzte des Marienkrankenhauses.

„Die Idee, Räume des Gesellenhauses mit zu nutzen, hatten die langjährige Heimleiterin Lioba Mitter und ich. Das war 1974. Wir stellten einen Antrag, den großen, denkmalgeschützten Saal für eine Erweiterung des Hauses Simeon nutzen zu dürfen. Die unmittelbare bauliche Anbindung bot sich an. Der Saal war aber schon vergeben an einen Orthopäden. Durch einen Zufall – oder Fügung? – hatte ich einen Termin bei diesem Arzt. Er berichtete, dass er den Saal nicht mehr benötige, weil er ein anderes Objekt erworben habe. Genau an diesem Tag fand eine Sitzung des Aufsichtsrates des Marienkrankenhauses statt, in dem ich Mitglied war. Von der Entscheidung des Orthopäden hatte noch niemand etwas gewusst. Ich stellte erneut den Antrag, diese Räume für eine Demenzstation zu nutzen. Nach Beratungen der zuständigen Verwaltung wurde eine Zusage erteilt. Mit den Planungen wurde dann der Architekt Paul Jansen beauftragt. Zur Finanzierung wurde zu Spenden aufgerufen, außerdem wurden wieder Mittel bei der Possehlstiftung beantragt.

Im Lauf der Jahre zeigte sich, dass dem Haus Simeon ein großer Veranstaltungsraum fehlte. So entstand in den 80er-Jahren der Anbau im Garten. Die Finanzierung war durch Rücklagen möglich. „Als ein weiterer Mangel erwies sich, dass nur ein Aufzug vorhanden war. Bei Störungen ein großes Problem für die Bewohner und Mitarbeiter! Nach Beschluss des Beirates wurde der kleine Aufzug im Treppenhaus nachträglich eingebaut.“

Im Rückblick auf ein halbes Jahrhundert bilanziert Regina Pabst: „Wir blicken zurück auf 50 Jahre Haus Simeon, auf die der Caritasverband stolz sein kann. Mit großer Dankbarkeit denke ich an die Menschen, die ehrenamtlich oder beruflich mit großem Einsatz dazu beigetragen haben. Für mich waren es erfüllte Jahre. Die Begegnungen haben mein Leben bereichert.“

Regina Pabst, langjährige Leiterin der Caritas Lübeck. Foto: Caritas im Norden

Regina Pabst, langjährige Leiterin der Caritas Lübeck. Foto: Caritas im Norden


Text-Nummer: 167943   Autor: Caritas/red.   vom 31.08.2024 um 15.58 Uhr

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